Südamerika 2020
Nach einem unruhigen Flug erreichen wir am frühen Morgen die Hauptstadt von Argentinien, Buenos Aires.
Von hier geht die Fähre nach Montevideo. Ja,aber es geht nicht immer alles glatt……..
Ach , was waren wir glücklich, dass wir ein Fährticket in den Händen hielten, das um die Hälfte billiger war. Leider dauerte unsere Freude nicht sehr lang. Auf der Fähre stellten wir fest, dass diese nur bis Colonia del Sacramento fährt. Ja, wer nur die Hälfte bezahlt, bekommt auch nur die Hälfte der Wegstrecke….
Also mit samten Gepäck in den Bus umsteigen und noch einmal über zwei Stunden über Land tingeln. Wir gewinnen der Busfahrt etwas Gutes ab. Wir sehen etwas vom Land, und was wir sehen gefällt uns ausgesprochen gut. Leider kommen wir mit dem Bus auch noch auf der ganz anderen Seite der Stadt an, aber auch das bringt uns nun nicht mehr um. Spät Abends nach 32 Stunden erreichen wir unser Hotel. Ein guter Schlaf ist uns sicher…
Wir haben das Wochenende Zeit um uns ein wenig die Altstadt von Montevideo anzuschauen und das tun wir ausgiebig. Alte Kolonialbauten stehen neben neuen Gebäuden. Händlermeilen reihen sich in Hafennähe aneinander. Riesige Kreuzfahrtschiffe stehen hier im Hafen und deren Passagiere überfluten in regelmäßigen Abständen die Stadt. Das treibt die Preise in ungeahnte Höhen. Da kann ein Glas Bier schon mal sechs Euro kosten. Entfernt man sich von dem Trubel in entgegengesetzte Richtung zum Hafen, erreichen die Preise wieder ein normales Level. Für Südamerika dennoch sehr hoch und auch teurer als Deutschland.
Uruguay im Überblick
„El Paisito“, das kleine Land wird es oft genannt ,dabei ist es eines der stabilsten und wohlhabendsten Länder Lateinamerikas.
Die Staatsform ist die einer präsidentiellen Demokratie mit Grundlage einer (oft geänderten)Verfassung.
Das öffentliche Gesundheitswesen ist auf einem guten Niveau und wie die Schulpflicht (8 Jahre) und der Kindergarten kostenlos.
Die Analphabetenquote gehört mit ca. 2% zu den niedrigsten der Welt.
Montag morgen, pünktlich kurz vor 9.00 Uhr , stehen wir am ersten Büro, von der langen Liste, die wir heute abarbeiten müssen, um alle Genehmigungen und Stempel zu bekommen, um Paula aus dem Hafen zu holen. 9.10 Uhr, keine Tür geht auf. Dann kommt die Security, und teilt uns mit, das heute Feiertag ist…. Wir fassen es nicht. Dreikönigstag, an den hatten wir nicht gedacht. Alle Büros und auch der Hafen haben geschlossen.
Wir müssen wieder im Hotel einchecken und noch einen Tag warten.
Dienstag morgen, selbe Zeit, selber Ort. Wir starten mit unserem Marathon. Die Büros verteilen sich quer durch die Stadt und den Hafen. Es ist wie immer undurchschaubar. Zwischen Station fünf und sechs liegen die Nerven blank. Wir können den gelben Container, die Nr. 6, einfach nicht finden. Kreuz und quer laufen wir durch den Hafen. Unbarmherzig scheint die Sonne mit 32 Grad und versengt uns das Hirn.
Viereinhalb Stunden später bekommen wir den Schlüssel.
Paula steht unversehrt auf dem Parkplatz. Unsere Freude ist riesig. Lediglich der kleine Mercedesstern fehlt. Damit können wir leben, soll der. der ihn jetzt hat, damit glücklich werden. Noch zwei Ausfahrtkontrollen und wir verlassen überglücklich den Hafen.
Zwei Stunden später, und einige Dollar ärmer, stehen wir mit Vorräten an Bord am Strand und stoßen mit einem kalten Bier auf unsere Wiedervereinigung an. Jetzt kann es endlich losgehen.
Wir brauchen etwa zwei Tage, dann hat alles seinen Platz und wir haben uns wieder an das Leben „on the road“ gewöhnt.
Langsam tingeln wir an der Ostküste des Landes gen Norden. Es ist gerade Urlaubszeit, ganz Uruguay fällt im Januar und Februar in einen Zustand von „lasst uns reisen, wir haben Ferien“.
Die Kilometer langen Strände ( Uruguay hat 660 Kilometer)) locken mit klangvollen Namen wie, Santa Monica, La Paloma, Atlantica, Punta del Diabolo“. Dennoch sind die Strände nicht überfüllt, an manchen Abschnitten trifft man lediglich mal einen Angler oder Jogger. Entspannung pur.
In Jose Ignacio „entern“ wir den Leuchtturm und verschaffen uns nach Schweiß treibenden 150 Stufen einen Überblick. Wir können bis Montevideo zurückschauen und sehen von hier oben auch einen schönen Stellplatz für die Nacht. In Ignacio wohnen und urlauben Reich und Schön, und einer davon bringt uns am Abend sogar eine Flasche Wein an den Strand.
In der Nähe von Cabo Polonia besichtigen wir riesige „ Bosque de Ombues“ deutsch „Elefantenbaum“. Diese gigantischen Bäume wachsen normalerweise eher selten in einem Bestand von mehr als zwei oder drei Exemplaren. Hier steht der wahrscheinlich weltweit einzige Wald, der sich aus diesen Solitärbäumen zusammensetzt. Der Stamm kann bis zu zwei Meter dick werden und die Baumkronen zehn bis fünfzehn. Die ältesten Exemplare sind 500 Jahre alt. Genaugenommen sind es keine Bäume, sondern sie gehören zu der Gattung der Gräser, da sie nicht aus richtigem Holz bestehen.
Da der Ort nicht über eine Straße erreichbar ist, werden wir gemütlich mit einem Boot hin geschippert. Dabei können wir Unmengen an Kormoranen, Reiher und Geiern sehen. Sehr kurzweilig dieser Trip.
Am nächsten Tag besichtigen wir die Festungsanlage „Santa Teresa“. Die Anlage war zwischen den beiden Kolonialmächten Spanien und Portugal heftig umkämpft. In der Kolonialzeit waren hier bis zu 300 Soldaten stationiert. Letztendlich wurde die Anlage in Schutt und Asche gelegt. 1928 wurde mit dem Wiederaufbau begonnen und man kann sie heute wieder so sehen, wie sie Mitte des 18. Jahrhundert angelegt war.
Wir fahren in die Grenzstadt Chuy um steuerfrei einige Einkäufe zu tätigen. Selten haben wir so eine quirlige Stadt gesehen. Hier wird so ziemlich alles verkauft. Jeder Zentimeter Fußweg, jede freie Ecke Straße werden dafür genutzt. Hier könnte man stundenlang im Straßencafé sitzen und die Leute beobachten, es würde nicht langweilig werden. Kurz überlegen wir, nach Brasilien weiterzufahren, verlassen dann doch die Stadt Richtung Cebollati zur Lagune Merlin.
Wir fahren durch wunderbar grüne Landschaften mit vielen Tümpeln und Seen. Die Kühe, Schafe und Pferde hier führen ein traumhaftes Leben.
Die Lagune selbst ist der östlichste Punkt des Landes und mit einer Oberfläche von 3500 km²!! das größte Süßwasserreservoir der Erde.
Wir erreichen einen traumhaften Stellplatz, indem wir ca. 500 Meter über den Strand fahren.
Bei strahlendem Sonnenschein machen wir am Abend noch Witze, das es sicher Probleme gibt auf dem Rückweg, wenn es regnen sollte.
In dieser Nacht wittert es gigantisch über dem See und es regnet über Stunden in Strömen.
Nach einer unruhigen Nacht erwachen wir am Morgen bei strahlendem Sonnenschein. Die tiefen Pfützen um uns herum erinnern uns dennoch an die starken Regenfälle in der Nacht. Nach dem Frühstück inspizieren wir den Rückweg. Über den Strand ist es nicht möglich, aber etwas weiter oben verläuft eine Spur. Für uns definitiv zu schmal, da sie auf der einen Seite einen Meter abfällt und auf der anderen nach oben geht. Außerdem ist sie extrem tief sandig. Das heißt wir müssen diesen viel zu schmalen Track mit der rechten Seite am Hang und durch den Tiefsand auch noch ziemlich zügig fahren. Spurkorrekturen sind somit nicht möglich. Wir stehen am „Startpunkt“, eins, zwei,drei, los. Ich sitze auf der rechten Seite einen Meter höher und mir bleibt mehr als ein mal die Luft weg. 100 Meter, 200 Meter 300 Meter ...geschafft. Der weltbeste Fahrer hat es mal wieder gerichtet.
Kaum kommen wir wieder auf einer einigermaßen befahrbaren Straße an, regnet es schon wieder wie aus Kannen. Wir fahren bis Treinta y Tres, und stellen uns in einem Park unter hohe Eykalyptusbäume. Wir können nicht einmal die Tür öffnen, so schütte es. Obwohl es erst Mittag ist, beschließen wir, hier zu bleiben.
Am späten Nachmittag klart es auf und der Park verwandelt sich in einen Freizeitpark. Fahrbare „Fressbuden“ bauen sich auf, Massen an Autos kommen gefahren und packen ihren Hausstand aus um zu picknicken. Von der Oma bis zum Baby wird alles ran gekarrt. Hinter uns wird Fußball und Volleyball gespielt (unter Flutlicht bis in die Nacht). Laute Musik aus allen Richtungen aus riesigen Lautsprechern, die auf den Ladeflächen der Pick Ups montiert sind. Es ist schier unglaublich, was hier los ist.
Schön das alles mal erlebt zu haben, aber eine zweite Nacht …...Wir flüchten und fahren in den Nationalpark Quebrada de los Cuervos. Über grünes Farmland geht es immer weiter hinein. Ich muss immer wieder Tore öffnen und schließen. Dann geht es definitiv nicht mehr weiter. Wir lassen Paula stehen, packen den Rucksack und erwandern uns den hier so schön beschriebenen Wasserfall.
Kein leichter Weg , zumal wir loslaufen, als die Sonne im Zenit steht. Nicht so schlau. Immer wieder müssen wir Wasserläufe queren und nutzen die Gelegenheit, die Füße zu kühlen. Der Wasserfall befindet sich in einer einzigartigen Landschaft und liegt völlig versteckt. Kein Wunder, das sich der Parkwächter am Eingang so gefreut hat, sind wir doch die einzigen Gäste…..seit wann eigentlich. Nach drei Stunden sind wir wieder zurück am Auto. Auf einer tollen Wiese finden wir einen traumhaften Platz für die Nacht. Völlig lautlos, nur die Vögel sind zu hören, ab und zu kommen ein paar Schafe oder Kühe vorbei, am Abend Fuchs und Gürteltier. Wir stehen mitten im Nirgendwo, circa 25 Kilometer von der nächsten Straße entfernt. Mir sprengt es fast die Brust, solche Glücksgefühle überkommen mich anhand dieser Weite. Wir sind genau dort, wo wir sein sollen und werden mit einer fast lautlosen Nacht belohnt.
Am nächsten Tag wollen wir über Melo, Tacuarembo nach San Gregorio de Polanco. Eine Strecke von über 600 Kilometer. Das ist mit dem LKW an einem Tag kaum zu schaffen. Wir navigieren neu und finden eine Querverbindung, die circa nur 200 Kilometer beträgt,, allerdings fast alles Piste, und nicht sicher ob diese durchgehend befahrbar sind. Was solls. Wir probieren es.
Begegnung am Rande
Wir treffen einen jungen Deutschen, der sage und schreibe zwei Monate!!! in Buenos Aires auf sein Wohnmobil gewartet hat. Es wurde mehrfach nicht in Hamburg verladen, und er war schon hier.
Welch ein Glück, dass wir mit Caravan Shippers verschifft haben. Wir fühlten uns von Anfang an wohl und Herr Gomez ( jetzt Overlandershipping) hat sich wirklich gut um uns und unsere Anliegen gekümmert.
Auf Viehwegen quer durch ….
Wir navigieren immer mit zwei Geräten. Der Fahrer hat ein normales Straßennavi. Der Beifahrer ein Tablett mit präzisem Kartenmaterial und zusätzlich eine Straßenkarte. Wir beide geben die Strecke quer durchs Land ein. Das Straßennavi endet an einer Fährstation. Die Piste im Tablett endet im Nirgendwo und die Straßenkarte ebenso. Nicht das erste Mal, dass wir solch unterschiedliche Informationen bekommen. Wir wagen es trotzdem, notfalls müssen wir die 200 Kilometer zurückfahren und haben dann im wahrsten Sinne des Wortes Kilometergeld bezahlt.
Nach circa zwanzig Kilometer besteht der Teerbelag nur noch aus Schlaglöcher und nach weiteren zehn Kilometern löst sich der Belag ganz auf und wir fahren nur noch auf Piste. Diese Piste entwickelt sich im laufe der Fahrt in einen Viehtriebweg. Wir können regelrecht spüren, wie sich Schrauben und Bolzen an Paula lösen. Sind noch alle Zahnfüllungen fest????
Die Piste fährt sich extrem schwierig, aber wir befinden uns in einer traumhaften Landschaft. Um uns herum ist alles fettes, grünes Weideland voller glücklicher Tiere. Auf den Weidezäunen sitzen Adler. Kreisen sie über uns , werfen sie riesige Schatten. In den Senken hat sich überall Wasser gesammelt und darin waten allerlei uns unbekannte Vögel. Immer wieder sehen wir Gauchos bei der Arbeit, die uns winken und oft den Daumen nach oben zeigen. Dann fahren wir durch einen Eukalyptuswald. Links und rechts von uns ragen diese Riesen empor. Ein irrer Duft weht ins Auto. Nach fast fünf Stunden „spuckt“ uns diese Piste wieder aus, und……...wir stehen vor der Fährstation. Die beiden Fährleute freuen sich, als wären wir hoher Besuch . Der eine kann sich gar nicht mehr beruhigen und lacht und lacht…….Die Fahrt über den Fluss ist schnell erledigt. Geld wollen die beiden von uns nicht haben. Sie machen Fotos von allen Seiten und winken uns lange nach.
Wir finden unter Bäumen einen schönen Platz am Ufer und genießen für die nächsten beiden Tage die kühlen Fluten des Rio Negro.
Unsere nächste Station ist das Valle Eden in der Nähe von Tacuarembo. Mal wieder etwas Kultur machen. Hier ist ein einzigartiges Museum, das die Geschichte von Carlos Gardel aufgearbeitet hat. Er ist der bekannteste aller Tangosänger und -komponisten und soll hier im Tal geboren sein. Sehr schön gemacht, aber leider nur in Spanisch.
Am späten Nachmittag lassen wir, wie die Einheimischen, die Füße im Fluss baumeln.
Am Morgen geht es weiter ins Valle del Lunarejo. Ein sehr, sehr schöner Flecken Land. Leider sehen wir von den im Reiseführer angekündigten Herden von Nasenbären nicht einen einzigen.
Wir suchen uns einen schönen Platz an einen Fluss. Das ist mehr als notwendig, denn es sind über dreißig Grad. Immer wieder kommen Gauchos an unserem Auto vorbei. Mal mit einer Herde Kühe, mal mit Pferden oder nur mit den Hunden. Immer bleiben sie stehen und wir unterhalten uns miteinander, ohne das einer den anderen versteht. Die Nächte sind wunderbar ruhig.
Entspannung pur, bevor es weiter nach Argentinien geht.
Gaucho
Gaucho bedeutet nichts anderes, als Viehhirte oder Landarbeiter. Das Landesinnere war immer schon sehr dünn besiedelt . Gauchos und Vieherden streiften frei durch ein“Niemandsland“. Aus dieser Zeit stammt der Mythos des stolzen, unabhängigen Mannes der mit seinem Pferd ein Nomadenleben führt, im Freien schläft und schnell mit dem Messer ist. Ein Pferd, Sattel, Zaumzeug, Messer, und Lasso waren sein wichtigstes Gut.
Heute sind sie sesshaft geworden. Sie verdienen noch immer ihr Geld als Viehhüter und Landarbeiter auf den großen Estancias, haben aber auch oft eigenes Land.
Argentinien in Kürze
Argentinien ist eine Bundesrepublik. Die 1853 gegründete Verfassung ist seit 1983 wieder gültig. Sie war während der Militärdiktatur von 1976 bis 1983 durch eine Reorganisation ersetzt worden, die allerdings viele Freiheitsrechte außer Kraft setzte. Das Militär hat seit 1930 immer wieder eingegriffen, konnte sich aber nie durchsetzten, da die Ziele sehr umstritten waren. Dennoch verschwanden während der Diktaturen mehr als 30000 Menschen. Folterungen waren an der Tagesordnung. Seit Mitte Juni 2018 erleidet der Peso einen stetigen Wertverlust. Die Inflationsrate beträgt über 40 Prozent. Arbeitslosigkeit und Armut nehmen zu.
Am Samstag, den 25.1.2020 um 12 Uhr 02 heißt es Welcome to Argentina. Die Grenzformalitäten waren ausgesprochen entspannt. Lediglich auf argentinischer Seite wollte man einen Blick in unser Fahrzeug werfen. Das lag wohl eher an der Neugier, als am Kontrollzwang.
In mehreren Tagesetappen fahren wir Richtung Westen. Wir möchten das Gebiet hinter Cordoba, also die Sierra Cordoba erkunden.
Sierra Cordoba
Westlich von Cordoba erstrecken sich die Sierras über eine Länge von ca. 500 Kilometern. Die Cordoba ist das am weitesten nach Südosten verschobene dieser Gebirge. Für sie typisch ist der sanfte Anstieg und der jähe Abfall nach Westen. Ihr höchster Punkt, der Cerro Champaqui erreicht 2884 Meter.
Wir erreichen am frühen Nachmittag die ersten Städte und sind erschlagen. Vorgestellt hatten wir uns einsame Bergstraßen mit schönen Panoramaaussichten. Gelandet sind wir in einer nicht enden wollenden Hochburg des Tourismus. Nachdem wir uns etwa 50 Kilometer durch Autoschlangen gequält haben, biegen wir in eine einsame Bergpiste ab. Endlich Ruhe, auf diesen Pisten verfolgen uns die Autos nicht. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichen wir unser Ziel, eine kleine Rehabilitationsstätte für Affen, die jahrelang in privaten Haushalten und nicht artgerecht gehalten wurden. Hier sind sie in kleinen Gruppen in einem riesigen Waldgebiet untergebracht und lernen wieder Affen zu sein. Später sollen sie in Nordargentinien und Südchile wieder ausgewildert werden.
Am nächsten Tag umfahren wir die Sierra westlich auf einer winzigen Straße und erleben keine Touristenhochburg sondern eine schöne und abgelegene Landschaft. Ganz nach unserem Geschmack. In Nono kommen wir auf die alte Straße und verlassen diese augenblicklich wieder in Richtung Berge. Über ewige Serpentinen spulen wir die Straße ab. „Das sind aber große Vögel“ sage ich noch, als einer direkt über unser Auto schwebt. „Kondore !“ schreie ich. Wir stoppen, springen aus dem Auto und bekommen vor lauter Begeisterung kein Wort heraus. Wie gebannt sehen wir nach oben. Acht dieser Giganten fliegen über uns und drehen ungeachtet unserer Aufregung ihre Kreise. Nach einer halben Stunde schweben sie über den nächsten Gipfel einfach davon. Den Wasserfall den wir anschließend in einer einzigartigen Bergkulisse besichtigen gerät angesichts der Kondore leider etwas in den Hintergrund.
Am späten Nachmittag fahren wir zum fünf Kilometer in den Bergen gelegenen Museo Rocsen.
Auf über 1600 m² ist eine Sammlung von weit mehr als 25000 Objekten untergebracht. So etwas hat die Welt noch nicht gesehen. Es scheint nichts zu geben, was der Museumsbesitzer nicht gesammelt hat. Seit 1969 ist dieses Schmuckstück an jedem!!! Tag im Jahr geöffnet. Wir dürfen auf dem schattigen Parkplatz vor den heiligen Hallen über Nacht stehen bleiben. Was für ein Tag.
Von der Sierra Cordoba geht es zuerst ganz entspannt auf einer Hauptstraße in südwestlicher Richtung, um später auf eine Nebenstrecke abzubiegen. Es wird einsamer, in immer enger werdenden Serpentinen spulen wir nach oben. Immer wieder müssen wir in den Kehren rangieren, da wir nicht in einem Zug herumkommen. „Warum nochmal müssen wir uns hier so quälen ?“, fragt Frank. „Wegen der schönen Landschaft,“ antworte ich. „Und warum sind wir die Einzigen die diese Strecke fahren?“, fragt er weiter. Tja, darauf habe ich auch keine Antwort…...Natürlich ist die parallel laufende Hauptroute einfacher und schneller zu bewältigen.
Auf der Passhöhe bei 2000 Meter, dann die Überraschung. Etwa 15 Kondore. Als ob sie auf uns warten würden. Auf wen sonst, ist ja kein anderer hier.
Ganz nah fliegen sie vorbei und obwohl sie ohne Flügelschlag schweben, hören wir die Luft rauschen, wenn sie genau über uns sind. Gänsehaut pur. Wir opfern sogar zwei Steaks vor lauter Begeisterung. Leider holen sie sich diese nicht während wir da sind. Egal, das war die Belohnung für die schönen Fotos die wir machen durften.
Die Abfahrt beginnt in Serpentinen und läuft gemächlich nach unten aus. Das Versprechen der schönen Landschaft wurde bedingungslos gehalten.
An einem schönen See finden wir ein ruhiges Plätzchen für die Nacht. Morgen geht es weiter Richtung Anden.
Anden
Sie ziehen sich wie eine Wirbelsäule durch das gesamte Land und sind etwa gleich alt wie die Alpen. Ihre Bildung ist jedoch noch nicht abgeschlossen, das beweisen die zahlreichen, teils noch immer aktiven Vulkane. Man unterscheidet innerhalb Argentiniens die Puna im Norden, die Hochkordillieren und weiter südlich, die Südkordillieren. In den Hochkordillieren liegt der Aconcagua.,
Aconcagua (6962 Meter hoch )
Er wird als vieles gerühmt. Der höchste Gipfel Argentiniens, der höchste der Anden, der höchste Amerikas, der höchste außerhalb Asiens. Egal was er ist, er ist jedes Jahr Ziel von über viertausend Bergsteigern aus aller Welt. Nicht jeder schafft es allerdings bis ganz nach oben.
Den wollen wir natürlich auch sehen. Von unten natürlich……..
Schon der Beginn der Bergstraße überrascht uns landschaftlich sehr. Umso höher wir kommen, desto stiller wird es im Auto. Selbst mir fehlen die Worte. Man könnte alle hundert Meter ein Foto schießen. Je nach Sonne und Wolken verändern die Berge ihre Farbe. Und es geht höher und höher.
Angesichts der gigantischen Berge und deren Entstehungsgeschichte, wird uns sehr deutlich, das unser Leben in der Geschichte nur ein Wimpernschlag ist. Sogenannte Probleme werden hier zu einem Nichts reduziert.
Auf etwa 2700 Meter besichtigen wir die Puente del Inka. Man vermutet, das die Inka bis hierher vorgedrungen sind. Die Brücke wurde allerdings nicht von ihnen gebaut, sondern ist ein durch Erosion gebildeter, natürlicher Bogen. Dieser spannt sich 47 Meter hoch und 28 Meter breit über den Rio Mendoza. Die sehr schwefelhaltige Quelle die hier entspringt, hat dem Stein seine gelb-rötliche Färbung gegeben.
Weiter hinauf geht es zum Besucherzentrum, hier bekommt man die Genehmigung für einen Rundwanderweg.
Der Rundwanderweg führt zu einer kleinen Lagune und zu einem Aussichtspunkt, von dem man einen tollen Blick zum Aconcagua hat. (bei uns leider etwas wolkenverhangen)
Für morgen ist Regen angesagt, deshalb entscheiden wir uns am späten Nachmittag, noch zum „Cristo Redentor“ zu fahren.
Der Punkt liegt genau an der chilenischen Grenze und führt über eine schmale Piste in sehr engen Serpentinen (9 km, 600 Höhenmeter) auf gigantische 3882 Meter.
Cristo Redentor
Der Bermejo Pass führt hinauf. Bevor eine Straße gebaut wurde, war das die Verbindung zwischen Argentinien und Chile.
1904 bauten beide Länder gemeinsam diese Statue zur Feier der Beilegung der Grenzstreitigkeiten.
Wir spulen Serpentine für Serpentine ab. Immer steiler und höher geht es hinauf. Der Blick nach unten verursacht aufgrund der Steile ein mulmiges Bauchgefühl. Der Rundblick lässt nur staunen. Die 9 Kilometer ziehen sich mächtig in die Länge, 17 Uhr 30 zeigt die Uhr. Im Dunkeln ist eine Abfahrt fast unmöglich. Dann die letzte Kehre und wir stehen auf einem kleinen Plateau vor der Cristo-Statue.
Ich steige aus und der Wind reißt mir die Autotür aus der Hand. Eine eisig kalte Sturmböe haut mich fast um.
Man sagt, das hier der ewig eiskalte Sturmwind der Feind allen Lebens ist. Wie wahr.
Hier fehlt definitiv auch Sauerstoff. Ich muss mich am Auto festhalten, die Anden drehen sich….Nur ein kurzer Augenblick, dann steht meine Welt wieder gerade.
Der atemberaubende Blick von hier entschädigt allerdings gewaltig. Schade das es auch hier etwas zugezogen ist. Trotzdem saugen wir die Berge regelrecht in uns auf.
Nach zwanzig Minuten beginnen wir die Abfahrt, die der weltbeste Fahrer wieder grandios meistert.
Wir fahren hinunter auf gemächliche 2800 Meter und leisten dem roten Wohnmobil (siehe unten)Gesellschaft.
Wieder ein Tag voller einzigartiger Eindrücke.
Vermischtes am Rande
1. Zu den Vorschriften für einen Aufenthalt im Lande zählt, sich die Beine und Achseln zu rasieren und einen BH zu tragen (kein Witz). Dies stellt mich nicht vor allzu große Herausforderungen…….aber was macht Frank ????
2. Als wir vom Rundwanderweg zurückkommen, eilt uns vom Parkplatz ein Mann entgegen. Schüttelt uns beiden auffallend lange und lachend die Hände und gratuliert uns zu unserem schönen Truck. ( würden wir das in Deutschland tun ???)
3. An der Inka- Brücke kommt ein Einheimischer auf uns zu und spricht uns in gutem Englisch an.
Wenn wir heute Abend einen Übernachtungsplatz suchen, etwa fünf Kilometer von hier , an einer kleinen Skistation, steht sein rotes Wohnmobil. Ihr könnt es nicht verfehlen. Stellt euch einfach daneben, kein Problem, ich wohne dort.
Nette Leute. Und nochmal stellt sich die Frage, würden wir das in Deutschland tun ?????
Am nächsten Tag fahren wir die Selbe Strecke wieder Richtung Mendoza zurück. Allerdings sehen wir die Berge heute wie neu. Von der anderen Seite ein völlig neuer Blickwinkel und wenn wir nicht genau wüssten, dass wir gestern hier hochgefahren sind, könnten wir auch in einem ganz anderen Teil der Anden sein. Wir finden am Nachmittag wieder einen tollen Bergsee zum übernachten.
Am Morgen geht es weiter Richtung San Juan. Östlich von dort befindet sich eine der größten Wallfahrtsorte Argentiniens, Difunta Correa.
Difunta Correa
Die Legende besagt, dass Maria Antonia Deolinda Correa im Bürgerkrieg 1841 mit ihrem Säugling auf dem Rücken ihren Mann folgte, der von den feindlichen Truppen gefangengehalten wurde.
Sie starb in der Wüste. Als einige Tage später zufällig eine Gruppe Maultiertreiber vorbeikam, fanden sie die Leiche. Das Kind allerdings lebte noch und lag säugend an ihrer Brust.
Die Argentinier pilgern an bestimmten Tagen zu Hunderttausenden hierher, verbindet doch diese Legende zwei Frauentypen, das Bild der treuen Frau, die ihrem Mann folgt und das der aufopfernden Mutter.
LKW Fahrer verehren die Difunta besonders, sie gilt als Beschützer aller, die durch die große weite Welt reisen.
In mehreren Kapellen finden sich allerlei Opfergaben. Automodelle, Familienfotos, Urkunden jeglicher Art, eine Kapelle ist voll mit Hochzeitskleidern, rundherum hängen tausende von Autokennzeichen und immer wieder Wasserflaschen. Da Wasser in vielen Regionen selten ist, zählt dies als besonderes Opfer.
Wir sind uns nicht sicher, ob wir dies belächeln oder ernst nehmen sollen…
Da für die vielen Pilgerer ein ordentlich großer Parkplatz mit anschließenden Picknick Plätzen angelegt wurde, bleiben wir über Nacht hier.
Es regnet mal wieder wie aus Kannen, auch am Morgen noch. Die Straßen sind mehr als knöcheltief überschwemmt. Trotzdem möchte ich mein Glück nicht herausfordern und besuche nochmal ( durchs Wasser watend) die Difunta, lege eine Visitenkarte von uns hin und bitte um eine gesunde und pannenfreie Weiterfahrt……Sicher ist sicher.
Uns treibt es weiter gen Norden ins Valle de la Luna, das sogenannte „Tal des Mondes“. Beim Besuch dieses Parks fühlt man sich in die Urgeschichte zurückversetzt. Hier wurden die ältesten Saurierskelette der Welt gefunden. Forscher haben herausgefunden, dass hier einst ein bis zu 800 Meter langer und 15 Kilometer breiter See war, in dem schon vor etwa 190 bis 230 Millionen Jahren tierisches und pflanzliches Leben existierte.
Das Museum am Parkeingang stellt dies wunderbar dar.
Im gesamten Park überraschen ungewöhnliche und wunderbar gestaltete Sandsteinformationen. In Millionen von Jahren haben Wind und Wetter fantastische Steinskulpturen geschaffen. Berge mit verschiedenen Gesteinsschichten leuchten in unterschiedlichen Farben. Über drei Stunden fahren wir durch diese unwirkliche Welt und spüren auch hier mal wieder, die Winzigkeit des eigenen Lebens.
Wir fahren weiter Richtung Norden. Fast in Nachbarschaft mit dem Valle de la Luna befindet sich der Talampaya Nationalpark. Ein Muss auf dieser Route.
Die Entstehung begann auch hier vor 250 Millionen Jahren. Durch den konstanten Wind in diesem Gebiet formten sich kompakte Sandsteine und Felsfiguren, denen man auch hier charakteristische Namen gab. Kathedrale, Affe, Löwe usw.
Auf einer fast vier stündigen Runde kämpfen wir uns durch tiefen Sand, hundert Meter hohe Schluchten und unrealistische Landschaften. Wir fühlen uns mal wieder wie in einer anderen Welt. Das heiße und trockene Klima erschöpft Mensch und Tier. Wir sehen mehrere einheimische Hasen, die bei unserem Näherkommen einfach zu faul sind, um zu fliehen. Zwei Kondore ziehen ohne Flügelschlag ihre Kreise über uns. Wir staunen, das hier überhaupt Leben existiert.
Am späten Nachmittag erreichen wir wieder den großen Besucherparkplatz. Hier steht ein deutsches Mobil und wir beschließen über Nacht hier zu bleiben. Endlich mal wieder Landsleute. Wir genießen den Abend sehr.
Eine Tagesreise weiter, in Villa Union, überlegen wir ernsthaft, doch einen Abstecher nach Chile zu machen. Von hier geht der Paso Negras über die Anden.
Leider darf man nach Chile fast keine Lebensmittel einführen und wir haben gerade einen Großeinkauf gemacht……
Seit Mendoza befahren wir die Ruta 40, die berühmte Panamericana. Viele Reisende fahren nur auf dieser Route, wir wollen sie in Teilstücken abfahren. Es gibt links und rechts viel zu viel zu sehen.
Die Panamericana wird wie folgt gern beschrieben:
Eine Strecke von Portugal bis zum Ural. Immer auf derselben Straße, keine Grenzkontrollen, keine Sprachprobleme. 5144 Kilometer auf argentinischem Boden. Ein Wechselspiel von Asphalt, Schotter, Sand und Geröll, wenn der Regen nicht gerade wieder ein Stück von der Ruta weggespült hat. Sie steigt von Meereshöhe auf 4895 Meter an, führt über 236 Brücken, kreuzt 18 der wichtigsten Flüsse, streift 13 große Süßwasser und Salzseen, passiert 20 Naturreservate und lässt 20 Pässe über die Anden einfach links liegen..und das ist auch nur der argentinische Teil dieser Rute. In Wirklichkeit führt sie von Alaska im hohen Norden bis nach Feuerland tief im Süden.
Drei Tage später nähern wir uns einer Gabelung und wir müssen uns entscheiden, weiter auf der Ruta 40 oder auf die R60 und nach Chile. Links, rechts, links, rechts…...links. Wir fahren nach Chile. Der San Francisco Pass geht hier auf 4725 Meter hoch. Wir fahren auf 3100 Meter und übernachten erst einmal auf etwas geringerer Höhe. Alles was möglich ist wird gekocht und gebraten. Tomaten, Zwiebeln, Gurken werden zu einem Salat verarbeitet. In dieser Form darf es über die Grenze. Alles andere wird extrem gut versteckt.
Nach einer sternenklaren Nacht in den Bergen geht es los. Beide Grenzen bewältigen wir ohne irgendwelche Probleme. Auf 4000 Meter kann man auch keine großen Aktivitäten gebrauchen. Selbst der Pass stellt uns, und vor allem Paula nicht vor sehr große Schwierigkeiten. Klar, sie dampft schon ganz schön, und den Leistungsverlust merkt man auch, aber im Großen und Ganzen läuft sie super.
Leider schlagen wir nach der Grenze zwei Mal eine Falsche Piste ein und der Ärger nimmt seien lauf. Wir kreisen ganz oben auf einer Piste von gerade mal eineinhalb Autobreiten. Rechts Fels und links geht es mehrere Kilometer bergab. Keine Begrenzung und kein Ende in Sicht. Wenn hier mal der Weg für und zu eng oder zu niedrig wird müssten wir kilometerweit rückwärtsfahren. Das geht gar nicht. Wir erinnern uns beide an eine ähnliche Situation in Andalusien vor mehr als zehn Jahren.
Nach zwei Stunden hört der Spuk auf und wir rollen auf einer Asphaltstrasse in ein Tal.
In El Salvador, einem Bergarbeiterdorf, dass völlig von den umliegenden Minen beherrscht wird, finden wir einen Übernachtungsplatz und „lecken unsere Wunden“.
Chile in Kürze
Im Norden grenzt Chile an Peru und Bolivien, während es sich die lange Ostseite mit Argentinien teilt. Die Pazifikküste erstreckt sich über 6000 Kilometer. Die Hauptstadt Santiago liegt in einem Tal und wird von den Anden und einer chilenischen Gebirgskette umgeben. Die Unabhängigkeit wurde an 12.Februar 1818 von Spanien anerkannt. 1970 wird Salvador Allende der erste demokratisch gewählte marxistische Präsident der Welt.
Von 1973 -1989 steht General Pinochet an der Spitze einer Militärjunta.Vornehmlich gewaltsame Unterdrückung, Folter und Mord herrschen. Rund 35000 Menschen wurden während dieser Schreckensherrschaft gefoltert und über 3000 Menschen verschwanden spurlos.
Heute klafft die soziale Schere immer mehr auseinander, was die momentanen Ausschreitungen in den größeren Städten belegen. Der Ton wird immer rauer. Geschäfte und Autos werden angezündet, ganze Straßenzüge brennen. Die Polizei reagiert mit Gegengewalt.
Wir fahren ganz entspannt an der Küste entlang und erleben ein friedliches Chile. Wir treffen die Frau vom Konsul und sie erzählt uns einige Hintergründe der Ausschreitungen. (Privatisierung des Wasserhaushaltes, hohe Inflationsrate ) und gibt uns den Rat, vor März das Land wieder zu verlassen. Dann beginnt die Revolution wieder, jetzt befinden wir uns (kein Witz) in der Sommerpause….Die Chilenen sind so, erzählt sie weiter, sie müssen erst einmal alles kaputt machen…
Selbst in der zweitgrößten Stadt des Landes, in Antofagasta ist keine Spur von Spannung zu spüren.
Die Besichtigung eines der größten Observatorien gelingt uns allerdings nicht. Der Einlass ist nur mit wochenlanger vorheriger Anmeldung möglich. Der junge Mann der Security bedauert es außerordentlich, das wir den weiten Weg aus Deutschland umsonst gemacht haben.
Die Nächte in der Atacamawüste die so klar sind, dass man mindestens doppelt so viel Sterne sieht als zu Hause, entschädigt uns ein wenig.
Tagsüber allerdings ist die Wüste sehr ermüdend. Stunde um Stunde führt uns durch eine Welt voller Sand, und Sand und Sand. Und gibt es keinen Sand, sieht man eine Bergbausiedlung an der anderen. Chile ist sehr reich an Kupfer. 60% der gesamten Wirtschaft fallen auf diesen Sektor.
An der langen Küste finden wir immer wieder einsame Strände, manchmal besuchen uns die einheimischen Kinder am Auto und wir haben immer Spaß, uns mit Händen und Füßen zu „unterhalten“.
Wir drehen wieder ins Landesinnere und fahren über Calama zu dem höchstgelegenen Geysirfeld der Erde. Es liegt auf 4300 Meter Höhe im Grenzgebiet zu Bolivien. Umringt von Vulkanen gurgeln hier 64 Geysire und hunderte Fumarolen stoßen Wasserdampf und Gas aus. Wir kommen am späten Nachmittag an, wollen die Geysire allerdings erst am Morgen besuchen. Eine Nacht auf dieser Höhe muss deshalb sein.
Ich mache die ganze Nacht kein Auge zu, Frank schläft extrem schlecht.
6.00 Uhr starten wir zu den Feldern. Wir werden eingehüllt in Dampfsäulen und um uns herum kocht und blubbert es. Und doch ist es so kalt, das uns die Zehen erstarren und die eh schon dünne Luft eisig im Hals kratzt. Selbst unser Zwiebelprinzip hilft kaum. Ich friere gotterbärmlich. Habe ich überhaupt noch Zehen ????
Zwei Stunden lassen wir alles auf uns wirken, bevor wir endgültig Richtung San Pedro de Atacama verschwinden. Für mich wird es definitiv Zeit, da ich mit der Höhe zu kämpfen habe. Noch einmal würde ich nicht auf dieser Höhe übernachten.
San Pedro de Atacama
San Pedro lebt in großem Maße vom Tourismus und wir hören seit langem auch mal wieder die deutsche Sprache und treffen französische und amerikanische Reisende. Umgeben von teils noch rauchenden Vulkanen liegt San Pedro in einem Tal auf einer Höhe von 2438 Meter. Immer im Fokus steht der total symmetrische Licancabur mit 5916 Meter. Einst war San Pedro ein wichtiger Zwischenstopp auf der Handelsrute, die das Hochland mit der Küste verband. Später war es eine Station, für die durchziehenden Viehtreiber. Die einheimischen Atacamenos leben noch immer von der Landwirtschaft und nutzen dabei die Terrassen, die bereits vor mehr als tausend Jahren angelegt wurden.
Es ist ein schöner, kleiner Ort, ein Wüstendorf, und wir verbringen entspannte drei Tage hier.
Wir besuchen das Todestal und das Valle de la Luna. Beide Täler faszinieren und beeindrucken uns mal wieder mit einer gewaltigen Landschaft und grandiosen Felsformationen. Den Sonnenuntergang im Valle de la Luna genießen wir von einer riesigen Sanddüne. Es ist traumhaft zu beobachten, wie sich die Landschaft verwandelt, wenn die Sonne hinterm Horizont versinkt. Der Ring aus Vulkanen, der die Cordillera de la Sal unterbricht wird dann in ein warmes Licht in Rot-und Goldtönen getaucht.
Am Abend schlendern wir durch die engen Gassen und bestaunen die alte Dorfkirche aus dem 17. Jahrhundert. Sie ist aus klobigen Lehmziegeln gebaut, das Dach besteht aus dem Holz der hier riesigen Kandelaberkakteen, das mit kräftigen Lederriemen anstatt Nägeln verbunden wurde.
Am vierten Tag gehen wir wieder auf Tour. Heute müssen wir die Anden ein zweites Mal bezwingen. Der Paso de Jama ist zu überqueren. Wir starten an einem sonnigen Tag und die Straße von San Perdo steigt innerhalb weniger Kilometer auf 3800 Meter an. Paula schnieft und spuckt. Vorbei geht es am Licancabur, der immer kleiner wirkt , je höher wir aufsteigen.
Wir lassen die Grenze zu Bolivien links liegen und fahren an kleinen Bergseen entlang. Die Luft wird dünner und dünner, bis wir die Passhöhe von 4825 Metern erreichen. Unser bisher höchster Punkt auf dieser Tour.
Dann erreichen wir die Salinas Grandes. Man nennt sie Salzseen oder Salzwüste, egal wie , der Blick in die Weite ist unwirklich. Sie erstrecken sich auf einer Höhe von 4096 Meter auf über 216 km² !!! Also ein Rundumblick, und man sieht nur weiß.
Gleichzeitig kann man hier auch noch etwas erahnen von dem altertümlichen Abbau des Salzes, der zum Teil heute noch so betrieben wird.
Abwärts geht es langsam und die Landschaft verändert sich kaum merklich und wird zaghaft grüner. Vorbei an grün schimmernden Lagunen und Herden von Vicunias. Die Hochebene erstreckt sich endlos und wird ab und an von einem Vulkankegel unterbrochen. Wir befinden uns ganz sicher in einer anderen Welt.
In unendlichen Serpentinen geht es dann hinab Richtung Purmamarca, auf wieder erträglichen 2324 Meter.
Purmamarca wird überragt vom „Cierro del los Siete Colores“, dem „Berg der sieben Farben“. Am Vormittag, wenn die Sonne den Berg bestrahlt, soll das Farbenspiel beeindruckend sein. Wir sind gespannt, wie der sich Berg morgen präsentiert.
Für heute ist Feierabend.Wir finden eine schönen Platz am Flussufer umgeben von gezackten, rötlichen Bergen. Ein einzelner Kondor schwebt bei Sonnenuntergang ziemlich tief über unserem Auto. Viel besser hätte dieser Tag nicht ausklingen können.
Der Tag beginnt wieder sonnig und wir machen uns auf den Weg zum „Berg der sieben Farben“.
Tatsächlich leuchten die Felsen in allen erdenklichen Varianten. Um alles richtig zu sehen, umwandern wir den gesamten Berg auf einem Rundwanderweg.
Dann fahren wir weiter durch die Quebrada de Humahuaca. Sie ist eines der größten Attraktionen in der Region Jujuy. Dieses Tal diente über Jahrtausende den Urvölkern als Korridor. Gleichzeitig zog das fruchtbare Flusstal zahlreiche Siedler an. Schon vor den Inka entwickelte sich hier demnach eine lebhafte Kultur. Wegen dieser uralten Zeugnisse der Kultur, wurde die „Quebrada de Humahuaca“ 2003 von der UNESCO zum Welterbe der Menschheit erklärt.
Wir fahren bis hinauf nach Humahuaca. Die Felsen leuchten rot, grün, violett, je nach mineralischer Zusammensetzung und Sonneneinstrahlung. Verlassene Siedlungen kann man im Tal sehen genau so wie sauber angelegte Felder.
Der Fluss führt wenig Wasser und macht einen trägen Eindruck. Tiefe Schluchten und aufgeschüttete Dämme zeigen jedoch, was aus diesem trägen Wasserlauf werden kann. Das wollen wir nicht erleben.
Humahuaca
Ein kleiner Ort auf einer Höhe von 3012 Meter. Man sagt er erwacht nur zwei Mal am Tag, wenn ein Touristenbus hier stoppt. Wir parken neben der Polizeistation und machen uns auf den Weg Richtung Markt. Von überall her hören wir Gejammer und lautes Weinen. Was ist hier los ???
Zwei Ecken weiter sehen wir das „Unheil“, wir kommen genau zum Faschingsausklang an und sind urplötzlich mitten drin.
Wirklich schön kostümierte Jecken beklagen mit Herz zerreißendem Weinen und bitterem Klagen das Ende der Faschingszeit. Laut schreiend laufen sie durch die engen Gassen und erbetteln dabei allerlei Gaben. Von Obst und Gemüse bis zu großen Knochen von Kühen haben wir alles gesehen.
Diese Gaben werden später Pachamama, der Mutter Erde geopfert. Sie ist Göttin der Fruchtbarkeit und man bedankt sich so für die Ernte und bittet um eine neue, gute Ernte. „ Paramama, Paramama, cusiya, cusiya“ -“Mutter Erde, Mutter Erde, hilf uns, hilf uns“, lauten die Gebete.
Begleitet von Gejammer erreichen wir die Hauptattraktion des Ortes. Das Monumento a los Heroes de la Independencia. Ein überdimensionales Denkmal für die „Helden der Unabhängigkeit“ , dass man über eine ebenso monumentale Steintreppe erreicht. 1924 wurde dieses Denkmal errichtet, da während des Unabhängigkeitskrieges hier große Schlachten zwischen den Spaniern und den Freiheitskämpfern stattfanden. Auf der großen Treppe spielen heute Spielmannszüge, große und kleine Jecken tanzen ausgelassen dazu. Rund um den Dorfplatz ist ein buntes Markttreiben das seinesgleichen sucht. Das ganze Dorf ist ein einziger Rummel und wir lassen uns treiben. Wir verbringen fast den ganzen Tag hier.
Erst am späten Nachmittag verlassen wir den Trubel und fahren die Quebrada zurück, um deren Farbspiel in der untergehenden Sonne zu genießen.
Am nächsten Tag fahren wir über San Salvador de Jujuy an einen kleinen Bergsee. Hier bleiben wir für die nächsten drei Tage in völliger Einsamkeit stehen. Wir brauchen einfach eine kleine Auszeit.
Die ganzen Erlebnisse müssen sich setzten. Das eine oder andere muss verarbeitet werden. Das Hirn ist voll und wir brauchen ein wenig Ruhe….doch ganz alleine sind wir auch hier nicht, täglich besuchen uns Kühe, Pferde und Esel, da wir auf deren Weide stehen.
Frisch gestärkt, das Hirn wieder aufnahmebereit fahren wir heute weiter Richtung Salta. Die Ruta 9, eine eigentlich große Hauptstraße verkümmert zu einer zerklüfteten, schmalen Straße und führt uns durch einen dichten, zugewachsenen Regenwald. Wir fahren in einem grünen Tunnel. Farne hängen über die Straße, riesige Schmetterlinge schwirren umher. Es riecht nach Moos und Blumen.
Fehlt nur noch das sich Tarzan durch die Bäume schwingt.
Wir brauchen eine Ewigkeit für diese fünfzig Kilometer, aber eine kurzweilige Ewigkeit, dann ist Salta erreicht.
Der Vorplatz des Antropologischen Museums eignet sich wunderbar um zu parken und auch eine Nacht zu verbringen. Ein alleine reisender Franzose steht schon hier und wir tauschen am Abend Reiseerfahrungen aus.
Das gut angelegte Museum zeigt hauptsächlich Keramikarbeiten der Urbevölkerung und ist recht schnell erkundet. Keine 100 Meter von unserem Stellplatz erhebt sich das große Denkmal der Stadt zu ehren des Provinzhelden Martin Miguel de Güemes und seiner Gaucho Helden. Während des Unabhängigkeitskrieges hielt er hier mit seinen Gaucho-Truppen in einer Art Guerillataktik die Stellung und verwickelte die Spanier immer wieder in verlustreiche Kämpfe.
Hauptattraktion ist aber die in rosa und weiß gehaltene Kathedrale im Stadtzentrum. Seit 1934 ist sie die Kirche des Erzbischofs von Salta. Wir waren schon in vielen Kirchen, aber diese ist besonders prunkvoll. Kein einziges Stück Wand ist nicht verziert oder vergoldet. Wir kommen genau zum sonntäglichen Gottesdienst, und ob , und an was man nun glaubt, rückt hier in den Hintergrund. Es ist beeindruckend.
Wir schlendern noch ein wenig durch die alte Stadt, tauschen bei einem Straßenhändler zu einem super Kurs Geld und machen uns wieder davon.
Wir fahren noch einmal einen westlichen Bogen und somit in die Berge. Erste Station ist Cachi. Ein altes Dorf auf 2280 Meter Höhe und umgeben von dem schneebedeckten Nevado de Cachi mit 6720 Meter. Mit dem Kopfsteinpflaster und den groben Mauern hat es sich einen Hauch von kolonialer Atmosphäre bewahrt. Hier fühlt man sich ins Mittelalter zurückversetzt. Als am Abend die alten Lampen angehen, die tatsächlich aussehen wie alte Petroleumlampen, hätte es uns nicht gewundert, wenn der Nachtwächter die Schließung der Stadttore ausgerufen hätte. Wir stehen über Nacht in einer Seitengasse und genießen diese Atmosphäre.
Auf der Panamericana geht es am nächsten Tag weiter Richtung Cafayate. 180 Kilometer in wirklich phantastischer Landschaft, aber leider über grottenschlechte Piste. Stellenweise ist es so eng, das wir in den Kehren rangieren müssen, manchmal können wir nur Schritttempo fahren.
Cafayate ist touristisches Zentrum der Region und hat wie fast jeder Ort eine Plaza, wo sich alles Leben abspielt und eine schöne alte Kolonialkirche. Es liegt wunderschön umgeben von Andengipfeln und Weingärten. Wir fahren auf eines der Weingüter und bekommen eine kleine Führung mit anschließender Verkostung. Hier wächst der hochklassige Torrontes Wein und auch wir können nicht widerstehen und erwerben einige Flaschen. Die Nacht umgeben von Reben ist traumhaft ruhig.
Nächste Station sind die Ruinen von Quilmes. Am Anfang des 11. Jh. bauten hier die Quilmes, von denen man vermutet, das sie von der westlichen Seite der Anden stammen, eine Stadt. Sie errichteten mit dicken Mauern eine Festung, um sich gegen andere Indianer- Völker zu schützen. Doch gegen die Spanier halfen die Mauern nicht. 1665 wurden sie nach 35-jähriger Gegenwehr besiegt. In einer Umsiedlung wurden 170 Familien auf einen 1000 Kilometer langen Marsch nach Buenos Aires getrieben. Wer den Marsch überstand, starb dort an Krankheiten. Eine Vorstadt und ein Bier tragen heute noch den Namen des Stammes.
Wir übernachten vor den Ruinen und fahren am folgenden Tag weiter durch die Berge über Tafi de Valle und bleiben an einem See abseits der Zivilisation zwei Tage stehen. Wir haben nicht viel Kontakt zur Außenwelt und bemerken nicht, dass Corona auch in Argentinien ein Thema geworden ist.
Am 15.3. werden wir an einer Polizeikontrolle gestoppt und dürfen nicht in die Provinz Santiago del Estero einreisen. Wir müssen in fast zwei Tagen das Gebiet umfahren. Ab 17.3. gibt es überall Kontrollen. Wir sitzen nur noch im Auto und fahren und fahren. Wir wollen noch über die Grenze nach Uruguay. Leider kommen wir einen Tag zu spät. Argentinien ruft den Ausnahmezustand aus und verhängt Ausgangssperre. Seit 22.3. stehen wir im Hinterhof der Gandamerie von Concordia auf einer Wiese und befinden uns in Quarantäne. Bis 31.3. müssen wir warten, dann kommt eine neue Anordnung. Wir hoffen, dass die Grenze wieder geöffnet wird. Ausgang ungewiss.